Ein Brief an Mr. Eliasch

Auf europäischen Gletschern ist neuerdings wenig los im Sommer. Wo in den bisherigen Sommermonaten entweder über drückende Schuhe gejammert oder über die beeindruckende Frühform geschwärmt wurde, rissen dieses Jahr höchstens die Gletscherspalten ihre Mäuler zu weit auf. Trainingspisten waren rar, denn die Gletscher gehen weiter zurück. Als Antwort flüchten die, die es sich leisten können, auf die Südhalbkugel, aber bitte Premium Economy.

Dabei müssten doch gerade wir Schneesportler, deren Existenz so akut von der Klimakrise bedroht ist, auf Lösungen drängen und vorbildlich Vorrausgehen. Oder wir machen einen Rennkalender, der in feinster Antti Kostelic Manier eine Vierervertikale zwischen Europa und Nordamerika setzt.

Währenddessen zelebriert die FIS ihre zweite Saison als klimapositiver Sport. Sie unterstützt nämlich Projekte, die sicherstellen sollten, dass Regenwald nicht abgeholzt wird, der, falls doch abgeholzt, die Emissionen der FIS um ein vielfaches Übertreffen würde. Das ist, als würde ich meine Teamkollegen bezahlen, um keine Steroide zu nehmen, damit ich vorm Start eine kleine Line ziehen kann.

Um die große Katastrophe zu verhindern, müssen alle Teile und Nischen unserer und aller anderen Gesellschaften mithelfen. Es ist ein globales Problem, das nur global gelöst werden kann. Jedoch gerade der alpine Skisport, entsprungen aus Regionen, die historisch am meisten zur Klimakrise beigetragen haben, und dessen Existenz nun so akut von dieser Krise bedroht ist, müsste sich doch als Vorreiter für den nötigen Wandel einsetzen und mutig vorrausgehen. Leider kann ich das nicht beobachten.

Also habe ich mir vor ein paar Wochen überlegt, wie und wo ich meinen Einfluss als Rennflitzer nutzen kann, um Wandel herbeizuführen. Die Überlegung, welche*r Entscheidungsträger*in wirklich einen Unterschied machen kann, führte zu FIS Präsident Johan Eliasch. Die Frage, wie ich am meisten Druck aufbauen kann, beantwortete ich mit einem offenen Brief von Athleten.

Also schrieb ich einen Brief. Meine Freunde von Protect Our Winters haben mir dann geholfen, ein unkompliziertes Onlineformular zu bauen und den Brief unter ihren Athleten zu verteilen. Mein erster Companion war Travis Ganong, der ohne zu zögern ins Boot sprang und mich in der Durchführung dieses Projektes sehr bestärkte. Auch die Skiverbände von Österreich, USA und Kanada und die Firmen Atomic, Burton und Nidecker haben dankenswerter Weise den Link zum Brief an ihre Athlet*innen ausgesendet. Auch bei der Organisation einer Pressekonferenz haben mir Atomic und POW kräftig unter die Arme gegriffen. Allen Unterstützern gebührt mein aufrichtiger Dank.

Heute, am 12. Februar, habe ich den Brief während der alpinen Ski-WM in Courchevel präsentiert. In den mehr als 140 Unterschriften finden sich Gesamtweltcupsieger, Weltmeister und Olympiasieger aus den verschiedensten FIS Sportarten. Und ich hoffe, dass jetzt, wo der Brief öffentlich ist, noch einige dazukommen.

Der Brief mit Unterschriftenliste und Anhang, sowie das Onlineformular findet ihr unter diesem Link:

https://protectourwinters.eu/demand-greater-action-on-climate-change-from-fis/

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