Chileyyy

Der barmherzigen Gutmütigkeit einiger Trainer verdanke ich die Möglichkeit, den heurigen August mit dem WC Speed Team im winterlichen Chile verbracht zu haben. Hier sind ein paar Impressionen dieses Ausflugs.

Starten wir bei der Anreise. Nach dem traditionellen Weißbier Dienstag vormittags, eine der wenigen Traditionen, die ich mit Überzeugung bewahre, hoben wir für den ersten von zwei Langstreckenflügen ab. Eine etwas ungeschickt wirkende Routenplanung schickte uns nach Houston, Texas, bevor wir nach einer Gesamtflugzeit von fast 21 Stunden unseren Zielflughafen Santiago de Chile erreichten. Als ich das erste Mal chilenischen Boden betrat, habe ich nur mit diesem Trip schon über drei Tonnen CO2 verursacht, eine Tonne mehr als jedem Menschen pro Jahr für das 1,5 Grad-Ziel zusteht.

Wir landeten am frühen Vormittag, blieben die erste Nacht aber im Flughafenhotel. Die Gelegenheit, gleich mal einen Teil von Santiago zu erkunden, ließ ich mir nicht entgehen. Ich schlenderte durch ein paar Viertel, die meiner Wahrnehmung nach gar nicht so gefährlich sind, wie Rezeptionist*innen und Taxifahrer*innen behaupten und besuchte das Museo Nacional de Bellas Artes.

Erfreulich war übrigens, das alles ohne den geringsten Hauch eines Jetlags zu unternehmen. Mein ausgeklügeltes Jetlag Management, nach einer Geburtstagsparty am Freitag und einem Rave am Samstag den neuen Rhythmus zu behalten und bis Dienstag immer von 4:00 bis 12:00 Uhr zu schlafen, hat perfekt funktioniert.

Eine holprige Busfahrt brachte uns Tags drauf an unseren ersten Skiort: La Parva. Sowohl von unserem Appartement als auch von der Skipiste aus konnte man hinunter auf die Metropole Santiago blicken, sofern sich der Smog mal lichtete. Die angekündigten Schneehöhen konnten wir auf den Pisten zwar nicht finden, dafür ein paar Steine. Das war aber nicht weiter schlimm, da wir sowieso erstmal etwas Frei- sowie Schulefahren wollten. Täglich übertrumpfte ein Sonnenuntergang den vom Vortag an Surrealität, Handykameras versuchten vergeblich das Andacht erregende Farbspektrum einzufangen. Oft wurde ich im Vorfeld gewarnt, ich könne mich in Chile nur sehr schwierig vegetarisch ernähren. Diese Warnungen zeugen davon, dass es einfach noch nie jemand von denen probiert hat. Die typisch chilenische Küche kennt nämlich einige sehr leckere Variationen von Hülsenfrucht-Eintöpfen. In Wahrheit waren meine Menüs dort viel abwechslungsreicher als in den meisten österreichischen Hotels. 

Nach doch noch einer Handvoll solider Riesentorlauf-Trainingstagen fuhren wir wieder runter, um zwei Tage in Santiago zu regenerieren. Ein amüsanter Abend in einem Steakhouse, der auf den Nacken der österreichischen Botschaft ging und eine Tattoo-Session ließen diese Zeit ziemlich schnell vergehen.

Die nächste an Luxus leicht zu übertreffende Busfahrt führte nach Portillo, dem angeblichen Disneyland für Erwachsene. Nach einem eher ungemütlichen, nebeligen Kennenlerntraining offenbarte dieser magische Ort schnell seine Schönheit. Am zweiten Tag wollte ich nach dem Training noch kurz das Skigebiet erkunden, wobei ich bei der Talstation des legendären Roca Jack Lifts den legendären Daron Rahlves kennenlernte. Er brachte mir das Liftfahren bei, wir ließen uns fotografieren und ich wedelte vor ihm auf einer sehr unregelmäßigen Buckelpiste.

Portillo ist ein Hotel, zu dem auch die umliegenden Skilifte gehören. Es liegt an einer Passstraße nahe einem Grenzübergang zu Argentinien. Bis auf das Hotel, die Skilifte, einem Bergsee und Bergen gibt es dort nichts. Dafür gibt es im Hotel fast alles, zum Beispiel eine Bar mit täglicher Livemusik, Außenpools, eine Kraftkammer, eine Turn- sowie eine Kletterhalle, eine Disco, und so weiter. Fast nur Hotelgäste benutzen auch den Skilift. Leute, die man unter Tags auf der Piste trifft, findet man abends meistens in der Bar. Ein wunderbarer Ort, um neue Freunde zu machen.

Da nach den ersten Tagen über Nacht starker Schneefall angesagt war, setzten wir danach einen Tag Pause an. In der Früh war der Schneefall jedoch wieder vorbei, die Sonne schien und der frische Powder glänzte. So einen Tag kann und will ich nicht in einem Hotelzimmer verbringen, also schnappte ich mir ein Paar Slalomski und stieg mit der Erwartung einiger weniger Soulturns in den ersten Sessellift. Oben angekommen, traf ich meinen neuen Freund Daron, der mich fragte, was ich an so einem Tag mit Slalomski anfing und mir den Coupon zu seinen Schließfach gab, wo noch ein Atomic Maveric 100 lehnte, den ich mir holen sollte. Der Rest dieses Tages bestand aus shredden mit Daron und Flips chargen mit seinem Sohn Drey. Traumhaft, buchstäblich.

Nach dem Schneefall steigen die Temperaturen, was uns zugutekam, denn so wurde die Piste von Tag zu Tag härter. Unsere Trainer bauten eine sehr schöne Abfahrt in das grandiose Gelände der WM-Abfahrt von 1966. Vier Tage Abfahrt und drei Tage Super-G unter Bedingungen, dessen Qualität ich im europäischen Winter noch selten genoss. Nach zwei Wochen durchgehend auf 3.000 Meter Seehöhe war es dann aber wieder Zeit abzureisen.

Und eine schwungvolle Grillage später saßen wir wieder im Flieger nach München.

Weitere Beiträge

Alle Beiträge ansehen

Folge Julian auf